Die Interaktion zwischen Schlaf und Entzündungsreaktion ist für uns eine alltägliche Erfahrung. Bei Beginn einer Erkältung fühlen wir uns müde und schlapp, mit dem evolutionsbiologischen Sinn eines restaurativen Genesungsschlafes. Mit fortschreitender Erkältung nehmen Schlafqualität und -menge bekanntlich ab, was nicht nur auf die behinderte Nasenatmung durch den Schnupfen zurückzuführen ist. Grund dafür ist die Entzündungsreaktion, wobei proinflammatorische Interleukine aktiv in die Schlafregulation eingreifen. Doch dieser Zusammenhang ist bidirektional. So kann ein gestörter Nachtschlaf die immunologische Homöostase anhaltend stören und in Richtung chronische Entzündungsreaktion lenken. Im Gegensatz verstärkt restaurativer Schlaf zusammen mit erhöhter vagaler Aktivität und verminderter Stressachsenaktivität antiinflammatorische Mechanismen. Larissa Engert und Luciana Besedovsky geben einen Überblick über schlafgebundene und chronobiologische Aspekte der normalen und gestörten Immunfunktion und die praktische Bedeutung bei Schlafstörungen und Fatigue.
Chronische Entzündungen insbesondere mit Beteiligung des zentralen Nervensystems führen über die systemische Entzündung zu profunden Einschränkungen der Schlafqualität und lokale entzündliche Veränderungen teilweise zu spezifischen Schlafstörungen. Erika Künstler und ich beleuchten anhand häufiger (Multiple Sklerose, MS) und seltener (Anti-IgLON5-Enzephalitis) chronisch-entzündlicher ZNS-Erkrankungen Art, Häufigkeit und Therapieoptionen bei diesen Krankheitsbildern. Eine streng lokale Entzündungsreaktion mit selektiver Zerstörung der hypokretinergen Neurone im lateralen Hypothalamus ist hochwahrscheinlich die Ursache der Narkolepsie. Ulf Kallweit und Thomas Dittmar fassen die aktuelle Evidenz für die Autoimmunhypothese zusammen.
Auch schlafbezogene Atmungsstörungen führen über die repetitiven Desaturationen, sympathische Überaktivität und Verschiebung der Chemoreflexaktivität zu einer proinflammtorischen Immunreaktion. Dies stellt einen wichtigen pathophysiologischen Mechanismus für kardiometabolische Folgeerkrankungen der obstruktiven Schlafapnoe dar. Richard und Edyta Schulz zeigen die inflammatorischen Folgen der obstruktiven Schlafapnoe in verschiedenen Gewebstypen auf, beleuchten die pathophysiologischen Hintergründe und den Einfluss der Therapie der Schlafapnoe auf die Entzündung.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre dieser spannenden Sonderausgabe der Somnologie!
PD Dr. med. Sven Rupprecht M. Sc.
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