Der eAllergiepass in der E-Patientenakte - eine gute Idee?

Die elektronische Patientenakte, die in Deutschland ePA und in Österreich ELGA genannt wird, ist prinzipiell eine praktische Sache. Idealerweise entfällt das Besorgen alter Arztbriefe und Befunde in Papierform, Diagnosen und Dokumente aus Untersuchungen anderer Fachkolleginnen und -kollegen liegen direkt vor. So bleibt mehr Zeit für das Wesentliche: die Behandlung der Patientinnen und Patienten. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten: Die elektronische Patientenakte existiert in Österreich schon seit einigen Jahren. ELGA startete 2015 in öffentlichen Spitälern und Pflegeeinrichtungen, in den Jahren 2018 und 2019 auch im niedergelassenen Bereich. Zahlreiche Probleme pflasterten ELGAs Weg, aber die Entwicklung schritt voran; nach dem eBefund und der eMedikation kam der eImpfpass und zuletzt das eRezept. Nun plant ELGA den nächsten Streich: Es ist angedacht, den eAllergiepass in die elektronische Patientenakte zu integrieren. Dieser Schritt würde prinzipiell aus Sicht der Allergologie Sinn ergeben, aber die Fallstricke liegen, wie so oft, im Detail.

ELGA plant in der „patient summary“, einer standardisierten Zusammenfassung von grundlegenden medizinischen Informationen zu einer Patientin oder einem Patienten, ein Feld für „Allergien und Intoleranzen“ einzuführen. Diese Risikoinformation soll fachlich-allergologisch ungeprüft mittels künstlicher Intelligenz (KI) aus den vorliegenden Befunden in der Gesundheitsakte generiert werden. Eine Demo-Version aus ELGA liegt bereits vor und enthält dabei zahlreiche „Allergien“ auf diverse Medikamente, welche ausschließlich auf der Anamnese basieren.

Nun wissen wir als kundige Allergologinnen und Allergologen, dass schätzungsweise 8 % der Bevölkerung in Deutschland, Österreich und der Schweiz meinen, an einer Penicillinallergie zu leiden. Ähnlich verhält es sich mit der klassischen Intoleranz gegen NSAR (nicht steroidale Antirheumatika), die keine IgE-vermittelte Allergie vom Soforttyp darstellt. Eine Dokumentation dieser Fälle auf Basis von Vermutungen würde pro futuro unser ärztliches Handeln und die Therapiemöglichkeiten deutlich erschweren. De facto ist ein Allergieeintrag, mag er nun stimmen oder nicht, mehr oder weniger bindend (von der juristischen Relevanz möchten wir an dieser Stelle gar nicht sprechen). Natürlich sind seit Jahrzehnten Arztbriefe mit Allergieeinträgen und Allergiepässen vorhanden, aber eine elektronische, von allen Ärztinnen und Ärzten aufrufbare Patientenakte stellt eine andere Dimension dar. Wer prüft letztendlich die KI-generierten „Allergien“? Und bleiben diese Einträge unbefristet bestehen? Im Idealfall sollte der eAllergiepass nur fundierte allergologische Diagnosen enthalten, die von Spezialistinnen und Spezialisten für Allergologie geprüft worden sind. Aber Hand aufs Herz, diese Qualitätssicherung ist schon aufgrund der schieren Anzahl von Patientinnen und Patienten mit Allergien - und sei es nur im Bereich der Medikamentenallergien - unmöglich.

Abseits der schwierigen Diskussion über den eAllergiepass, enthält die aktuelle Ausgabe wieder spannende Berichte aus unterschiedlichen Gebieten der Allergologie: So beschäftigt sich ein Positionspapier von Siebenhaar et al. mit der Mastozytose im Zeitalter der Präzisionsmedizin (S. 16). Eine wichtige Übersichtsarbeit diskutiert die Handreichung zur Epikutantestung mit patienteneigenen Substanzen in der Berufsdermatologie (S. 30). Schließlich rundet ein lesenswerter Fallbericht, der eine außergewöhnliche Manifestation einer Kontaktdermatitis im Rahmen einer Allergie gegen Metyhlisothiazolinon beschreibt (S. 38), das aktuelle Heft ab. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!

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Prof. Dr. Dr. Wolfram Hötzenecker, Klinik für Dermatologie und Venerologie, Kepler Universität, Linz

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Prof. Dr. Ludger Klimek, Zentrum für Rhinologie und Allergologie Wiesbaden

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Prof. Dr. Thilo Jakob, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Gießen, UKGM

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